„Josef“ ist der Titel der Ausstellung von Josip Novosel bei Paulina Caspari, die sich bei beacon (Liebherrstrasse 8) fortsetzt. Die Serie aus 17 Bildern entstand im Mai 2023 in München. In unterschiedlichen Formaten und Perspektiven zeigen die Gemälde Detailansichten eines männlichen Körpers, ohne sich zu einem „Großen und Ganzen“ zusammenzufügen. Mit seiner Ausstellung verfolgt Novosel eine künstlerisch-konzeptionelleFragestellung: „Wie kann man eine Figur abstrahieren, ohne zugleich ihre Körperlichkeit zu verlieren? Es geht um eine Erweiterung in der Fragmentierung des Bildes.“ Aus den Nahansichten von Hand, Nacken, Haaren, Unterschenkeln und weiteren Körperteilen entwickelt sich eine abstrakte Anatomie des Begehrens. Ausstellung und Ausstellungstitel legen vielfältige Lesarten nahe. So ist der Name etwa eng mit der Reliquien- und Anatomiegeschichte verknüpft. Eine Reliquie des Mantels des Heiligen Josefs ist noch käuflich zu erstehen, während andere Berührungsreliquien, wie die des Heiligen Rings, der Verlobungsring, den Josef der Jungfrau Maria angesteckt haben soll, in prestigeträchtigen Orten wie dem Dom von Perugia aufbewahrt werden. Mit dem Aufschwung medizinischer Wissenschaften in der italienischen Renaissance, der Duldung und schließlich Förderung von post- mortemUntersuchungen, wurde auch die Reliquienforschung zunehmend einem anatomischen Blick unterzogen. Ärzte wurden von der katholischen Kirchezur Expertise herangezogen, Prozesse der Kanonisierung von Heiligen wurden seit dem 16. und 17. Jahrhundert zunehmend mittels anatomischen Wissens legitimiert.
Der Blick wandert: Josefs linkes Auge. Josefs obere linke Stirnpartie mit Haaransatz. Josefs seitlich rechte Unterkieferpartie mit Ansicht der Lymphknoten am Hals. Josefs linke Augenbraue mit leichter Stirnansicht. Josefs linker Nasenflügel mit Oberlippenpartie. Josefs rechtes Auge. Josefs linke Schulterpartie mit leichter Ansicht der unteren Halspartie. Josefs Schrittpartie mit Knieansicht. Josefs linke Schrittansicht mit geknickter Lederhosenöffnung und kleiner linker Kniepartie. Josefs rechte Hand seinen linken Unterarm greifend mit linker Daumenansicht. Josefs Solarplexus mit ausgestellten Brustwarzen. Josefs Waden mit eingeknickter Fußmuskulaturansicht (Prinzessinnenpose). Josefs Lippenansicht sowie fast vollständiger Zwirbelbartansicht. Josefs rechter Ohrlappen. Josefs freizügige Nackenpartie mit rechter Ohransicht. Josefs fast ganz entblößter Intimbereich. Josefs freizügig ausgestelltes Gesäß (Baustellen Dekolleté). Passstücke für einen neuen alten Josefskult.
Die Ausstellung ist mit Matthias Sohr und Kito Nedo kuratiert.